Vom Zauber des Lichts

Alles Leben auf der Erde, so auch das des Menschen, ist durch das Tageslicht entstanden. Ohne Sonnenlicht gäbe es kein Leben.

15. Mai 2017




Der Mensch verbringt heute rund 90 Prozent in geschlossenen Räumen. Diese künstliche Innenraumhelligkeit ist aber oft viel zu wenig, um Organismus und Geist anzukurbeln.



Licht löst eine Reihe von biologischen Effekten aus. So weiß man heute, dass ausreichende Lichtmengen über das Auge den Blutkreislauf, Hormone und Stoffwechsel maßgeblich beeinflussen. Die erst vor wenigen Jahren entdeckten Fotorezeptoren im menschlichen Auge steuern dabei den evolutionär bedingten Tag- und Nachtrhythmus des Menschen. Andreas Danler ist einer der Geschäftsführer der Firma Bartenbach und Leiter des Bereiches Lighting Applications. Die Firma befasst sich mit der Planung von Tageslicht und Kunstlicht und mit der Forschung und Entwicklung in der Lichttechnik. Eines der Kernthemen ist die Tageslichtplanung. Dabei spielt nicht nur hoher visueller Komfort sondern auch deutliche Energieeffizienz eine große Rolle. So wird vor allem auf die optimale Dosierung von Tageslichtmenge und Sonnenschutz geachtet. „Tatsache ist, dass der moderne Mensch rund 90 Prozent seiner Zeit in geschlossenen Räumen verbringt, also mehr oder weniger freiwillig in einer künstlichen Dämmerung lebt“, sagt Andreas Danler.

Während Tageslicht im Freien bei bedecktem Himmel mittlere Beleuchtungsstärken von ca. 10.000lx erreicht, bei Sonne sogar bis zu 100.000lx, sind es im Büro dagegen 500lx an künstlichem Licht. Diese künstlichen Innenraumhelligkeiten sind viel zu wenig, um untertags eine ausreichende Aktivierung des Organismus zu bewirken. Lichtmangel kann z.B. über längere Zeit zur so genannten „Winterdepression“ führen, auch SAD (saisonal abhängige Depression) genannt.

Auf der anderen Seite unterdrückt ein zu viel an weißem Licht am Abend die natürliche Ausschüttung des körpereigenen Hormons Melatonin. Langes Fernsehen, Arbeiten oder Spielen am Computer bzw. Handy kann zu Schlafstörungen und schlechterer Regeneration im Schlaf führen. Bereits die normal helle Raumbeleuchtung kann ab 21.00Uhr zur Melatoninunterdrückung führen, genau so, wie helle und große Bildschirme von TV, Smartphone und Tablet.

„Für die Beleuchtungstechnik und die gesamte Lichtplanung bedeuten diese wissenschaftlichen Erkenntnisse und die neusten technischen Möglichkeiten nicht mehr und nicht weniger als eine Revolution. Durch den geschickten Einsatz von neuartigen LED-Lösungen kann man heute bereits sehr gut auf die tageszeitlich wechselnden Anforderungen an Helligkeit und Lichtspektrum reagieren“, sagt Lichtexperte Danler.

Aber nicht nur im beruflichen, auch im privaten Bereich, fehlt uns oft Tageslicht. Im Winter gehen wir außer Haus wenn es noch dunkel ist, und kommen wieder heim, wenn es schon dunkel ist. Eine gut durchdachte Tagesbelichtung des Gebäudes kann hier viel beitragen. Das bedeutet, dass man in der Gebäudekonzeption intensiv über geschickt angeordnete und richtig dimensionierte Tageslichtöffnungen (Fenster und Oberlichter) nachdenkt. Schon tageslichtdurchflutete Raumzonen, vor allem in den Bereichen der morgendlichen Aktivität (z.B. Frühstücksbereiche), können viel zur Aktivierung des Organismus beitragen.

Neben der aktivierenden Rolle des Lichtes, wird mit gutem Licht auch Stimmung und erlebbare Raumqualität erzeugt.

So spielt gerade in der Gastronomie und Hotellerie gutes Licht eine große Rolle, auch wenn das noch immer stark unterschätzt wird. „Es geht zum Beispiel darum, dass die Speise am Teller im Licht appetitlich aussieht, oder der Wein im Glas gut zur Geltung kommt. Oder wer kennt nicht die oft unerträglichen Beleuchtungen des Badezimmerspiegels im Hotel, die entweder blenden, oder zu dunkel sind, oder man sieht durch das Licht einfach nur schlecht im Spiegel aus. Da gibt es viel Bedarf. Der Gast wird es honorieren, weil er sich in einem guten Licht wohl fühlt“, gibt der Bartenbach-Geschäftsführer zu bedenken.

Aber Licht alleine reicht für ein gutes Lichtkonzept noch lange nicht aus. Auch die Raumausstattung, etwa Oberflächen und Materialien, spielen eine wichtige Rolle. So drückt der Satz „Licht ist nicht sichtbar, Licht macht sichtbar“, für Andreas Danler sehr gut aus, welche Bedeutung Oberflächen für die Wahrnehmung haben. Helligkeit wird für uns erst sichtbar, wenn das Licht von einer Oberfläche reflektiert wird. Die Oberfläche verändert durch die Reflexion das Licht in Intensität und Farbe. So können mit gezielter Abstimmung von Lichtquelle und Raummaterialien die Erscheinungsbilder und die emotionale Wirkung des Raumes stark beeinflusst werden. Die Farben schwarz und grau, die kaum Licht reflektieren, eignen sich in einer ohnehin schon dunklen Wohnung also eher schlecht. Mit besser reflektierenden Oberflächen kann auch schon mit wenig Licht ein behaglich-heller Eindruck erzeugt werden. Das heißt nicht zwingend, dass alles weiß sein muss. Helle Hölzer, oder helle Farbtone können zum Beispiel über die gute Reflexion hinaus auch psychologisch positiv wirken.




Licht ist das Medium des Sehens und der Seele.

Prof. Christian Bartenbach